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NXAI: „Wir wollen Linz zu einem Player machen, der weltweit anerkannt ist“

Mar 29, 2024
Es war eine der größten Meldungen des (noch jungen) Jahres: Der Launch von NXAI, dem Linzer Startup rund um AI-Pionier Sepp Hochreiter. Gemeinsam mit Netural von Albert Ortig und der Pierer Digital Holding von Unternehmer Stefan Pierer wurde NXAI aus dem Boden gestampft

Es war eine der größten Meldungen des (noch jungen) Jahres: Der Launch von NXAI, dem Linzer Startup rund um AI-Pionier Sepp Hochreiter. Gemeinsam mit Netural von Albert Ortig und der Pierer Digital Holding von Unternehmer Stefan Pierer wurde NXAI aus dem Boden gestampft, um endlich die genialen Grundlagen, die Hochreiter an der JKU in Linz entwickelt, zu konkurrenzfähigen Produkten auszubauen. Denn mit LSTM (Long Short-Term Memory) hat Hochreiter bereits in den 1990ern quasi das Kurzzeitgedächtnis für Maschinen erfunden und damit geholfen, Sprach-Assistenten wie Siri und Alexa schlau zu machen.

Dann aber kam die Transformer-Technologie, die den „Pretrained Generative Transformers“ von OpenAI mit den Namen gab, und löste LSTM ab. Doch Hochreiter, Ortig und Pierer scharen nun AI-Forscher:innen wie Johannes Brandstetter, der von Microsoft zurück nach Linz kehrte, um sich, um xLSTM zum „performantesten, internationalen Large Language Model“ auszubauen. Nichts weniger als OpenAi zu schlagen, ist das große Ziel.

Wie also wird das funktionieren, und wie wird sich NXAI im internationalen Wettrennen gegen OpenAI und Co behaupten können? Darüber spricht Johannes Brandstetter, Head of Research (AI4Simulation) bei NXAI, im Interview:

Trending Topics: AI-Entwicklungen legen derzeit ja eine unheimliche Geschwindigkeit vor. Quasi im Wochenrhythmus kommen neue AI-Modelle, LLMs usw. auf den Markt. Wo siehst du die größten Chancen und vielleicht auch die größten Gefahren?

Johannes Brandstetter: Der Markt wird neu durchgewürfelt. Large Language Models und die Technologie generell werden alltagstauglich. Mit allen Vorteilen und auch mit den Nachteilen. Da wird mehr oder weniger kein Stein mehr auf dem anderen bleiben. Es wird alles umgedreht, sei es bei den Anwendungen, sei es in der Grundlagenforschung, sei es in der Industrie. Und das ist natürlich eine Chance, hier einzugreifen und hier was Neues mitzugestalten.

Wie bist du selber zu dem Thema gekommen?

Ich habe keinen klassischen Werdegang, bin über Physik in die AI gekommen, inspiriert durch Sepp Hochreiter. Ich war zwei Jahre bei Microsoft und war dort natürlich konfrontiert mit OpenAI. Wir haben schon Spannung zwischen amerikanischen Sprachmodellen und chinesischen Computer-Vision-Modellen mit ihren amerikanischen und chinesischen Werten und dem europäischen Markt, der so ein bisschen hinterher hinkz. Das war für mich auch eine ganz große Motivation, wieder weg von diesen Konzernen zu gehen, in den europäischen Markt und hier versuchen, etwas zu bewegen und etwas aufzubauen mit dem Know-How, das ich mitbringe.

Du warst an der JKU tätig, bist dann zwei Jahre zu Microsoft gegangen, jetzt wieder zurück. Kannst du die Zeit bei Microsoft Revue passieren lassen, was hast du dort gemacht und gelernt?

Ich glaube, ich war in der interessantesten Zeit bei Microsoft. Im ersten Jahr habe ich live mitbekommen, wie auf einmal unsere GPUs weniger geworden sind weil, naja, jetzt wir wissen es, es ist alles in ChatGPT und später GPT-4 geflossen. Ich habe natürlich mitgekriegt, wie dieser Hype von LLMs entstanden ist, wie sich auf einmal die ganze Tech-Branche umgekrempelt hat. Ich persönlich habe vor allem in der Wetterforschung viel gemacht, große datengetriebene Wettermodelle. Hier haben wir auch in den letzten zwei Jahren eine unglaubliche Revolution gesehen.

Wetter ist ein Thema, das der Mensch nicht formelmäßig beschreiben kann, also keiner weiß wirklich, wie modelliere ich das Wetter stabil die nächsten sieben Tage. Aber die Wahrheit steckt in den Daten, und das war natürlich schon sehr motivierend zu sehen, wie schnell AI in diesem Bereich einfach die jahrzehntelange menschliche Expertise, ich würde nicht sagen überholt, aber definitiv ergänzt hat. Und genau das war meine Haupttätigkeit.

Microsoft ist der große Investor von OpenAI, kürzlich haben sie sich noch die Inflection bzw. DeepMind-Gründer geschnappt. Hat Google, haben andere da noch eine Chance?

Es gibt verschiedene Strategien. Es ist Goldgräberstimmung, und Nvidia sind die, die die Schaufeln zum Goldgraben verkaufen. Nvidia ist sicher der ganz große Player. Dieser Chipmarkt, der auch europäisch sehr gut getrieben wird, wird früher oder später eine Rolle spielen und dann gibt es mehrere Methoden, wie man das macht. Meta setzt extrem stark auf Open Source, dann gibt es die Startups wie Mistral und so weiter, die aufpoppen. Microsoft ist auf einem guten Weg, die AI ganz stark in ihr Business zu integrieren. Aber ein Monopol aufzubauen, das ist glaube ich fast unmöglich, vor allem weil sich so schnell neue Möglichkeiten auftun.

Du bist von Microsoft weggegangen, um bei einem österreichischen Startup namens NXAI mitzuarbeiten. Was steckt dahinter?

NXAI steht für viele Sachen, aber es steht vor allem dafür, dass Linz eine Boom-Stadt ist. Apple hat erst kürzlich verkündet, dass es 500 neue Arbeitsplätze in Linz einrichtet, wir haben Dynatrace, wir haben andere große Firmen in Linz. Linz wird zu einem Techhub. Linz ist traditionell AI-geprägt, weil einfach Sepp Hochreiter hier seit Jahrzehnten wirkt. Dieses starke, aufstrebende Linz mit dem AI-Schwerpunkt erlaubt natürlich jetzt, wo die Karten neu gemischt werden, wo AI in alle Bereiche des täglichen Lebens eindringt, eine Strömung aufzubauen und das Momentum mitzunehmen. Das haben wir vor mit NXAI, dass wir dieses Momentum mitnehmen und Linz hier wirklich auch zu einem Player machen, der Europa- und weltweit anerkannt ist.

Du hast die Rolle des Head of Research bei NXAI, mit dem Spezialgebiet AI4Simulation. Was kann man sich darunter vorstellen?

Simulation ist, was unsere Industrie treibt. Seien es Windkanal-Simulationen oder Materialsimulationen, die treiben unsere Industrie, die sind der Kern vieler großer europäischer Industrieunternehmen. Diese Simulationen sind getrieben durch Gleichungen, durch Systematiken, die sehr ähnlich sind zum Wetter modellieren. Mein Guess ist, dass wir diesen Erfolg, den wir in so großen Systemen wie Wetter sehen, dass wir diesen Erfolg in der Industrie sehen werden. Deswegen möchte ich hier mit AI-getriebenen Simulationen neue Möglichkeiten auftun, neue Prozesse ermöglichen

Unter NXAI sollte man sich weniger den nächsten ChatGPT-Klon vorstellen, sondern eher ein AI-Tool, das in der Industrie zum Einsatz kommt.

Genau. Österreich ist ja sehr stark durch Industrie geprägt, auch der gesamte DACH-Raum. Wir haben viele Unternehmen wie Trumpf, Bosch, Borealis und so weiter in Europa. Ich möchte diese industriellen Prozesse, wo sich einfach viele Prozesse auf Simulationen zurückführen lassen, AI-unterstützt vorantreiben.